Vor einem Jahr begann der Gaza-Krieg. Ein UN-Untersuchungsbericht sprach offen von Kriegsverbrechen der israelischen Soldaten. Die Wunden des dreiwöchigen Krieges sind bis heute sichtbar; nur wenige Häuser, Straßen und Schulen sind wieder hergestellt. Die israelische Blockade verhindert den Beginn des Wiederaufbaus. Die meisten Familien leben ohne Hoffnung auf bessere Zeiten. Darüber sprechen wir jetzt mit Tsafrir Cohen, Repräsentant der Menschenrechtsorganisation ,,Medico International” in Ramallah.
Cohen: Es sind sehr viele Menschen gestorben, die Situation war furchtbar. Ich hatte mir damals nicht vorstellen können, daß bis heute von den 100.000 Menschen, die ihr Obdach verloren haben, 20.000 noch immer nicht zurückkehren können, obwohl die Weltgemeinschaft vier Milliarden Dollar versprochen hatte, um den Wiederaufbau voranzubringen.
1.400 Menschen starben. Die gesamte Bevölkerung von Gaza, 1,5 Millionen Menschen, darunter 50% Kinder, war dort eingesperrt. Wir können Medikamente dort reinbringen. Aber wir können die Ärzte zum Beispiel nicht zu Kursen bringen und wir können viele Geräte nicht hinbringen. Das ist eine unhaltbare Situation. Israel verhindert auch die Einfuhr von Kraftstoffen. Das bedeutet, daß es Stromausfälle gibt. Das hat Rückwirkungen auf das Abwassersystem. Das kontaminiert das ganze Wasser. Das ist eine absolute Katastrophe und von einem Wiederaufbau kann keine Rede sein. Israel hat ganz klar gesagt: Keine humanitäre Krise, keine Entwicklung, keine Erholung. Die meisten Menschen im Gaza-Streifen sind von Hilfe von außen abhängig. Dadurch daß sie überhaupt nichts exportieren können seit 30 Monaten, dadurch daß der Menschenverkehr, Grenzverkehr, Warenverkehr verboten ist, kann natürlich keine Wirtschaft funktionieren.
Die Situation in den besetzten Gebieten ist so, daß es immer wieder zu Explosionen kommen kann. Die Radikalisierung ist auch in Israel selbst zu erleben, indem man kein Problem hat, tausend Zivilisten einfach so umzubringen.
Die Hauptverantwortung liegt bei Israel. Wenn wir davon sprechen, daß seit dem Angriff im Januar 2009 und bis heute lediglich 41 LKW-Ladungen mit Baumaterialien in den Gaza-Streifen hinein durften, so spricht das eine sehr klare Sprache.
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